berufsbild künstlerIn

Diese Veranstaltungsreihe endet im Sommer 2019

Gespräche über künstlerische Arbeit und Forschung, sowie über politische, soziale und ökonomische Parameter der Tätigkeit im Kunstfeld. Eine Öffentliche Vortrags- und Gesprächsreihe der Wiener Kunstschule in Kooperation mit depot, Raum für Kunst und Diskussion und Kinoki. Audiovisuelle Selbstbestimmung!

Von KünstlerInnen wird angenommen, dass sie Persönlichkeit, Intellekt, Denken, Ausdrucksvermögen und Affekte in den Produktionsprozess einbringen: Das macht sie zu VirtuosInnen der prekarisierten sozialen Verhältnisse. Wenn es zutrifft, dass Politik durch die Kunst der Darstellung bestimmt wird, dann ist die Virtuosität von KünstlerInnen politisch, unabhängig davon, ob im jeweiligen Werk politische Anliegen manifest werden oder nicht.

Programm

Do. 1.2.18, depot
Muzak & Riha
"Die Körper sind im Raume und die Handlungen in der Zeit", proklamierte Lessing vor 250 Jahren in seinen Überlegungen zur Kunsttheorie. Die medialen Untersuchungen von Muzak & Riha weisen über diese verfestigte Erkenntnis hinaus. Das KünstlerInnen-Duo arbeitet an den Schnittflächen von Film und bildender Kunst, und bringt die Medien solcherart zum Einsatz, dass die Logik der Körper im Raum und der Handlungen in der Zeit ihre Selbstverständlichkeit verliert.
 
Programmatik

Die Studie  Zur sozialen Lage der Künstler und Künstlerinnen in Österreich (BMuKK 2008, von Schelepa, Wenzel und Wohlfahrt unter Mitarbeit von Mostetschnig) gibt den mittleren Stundenlohn für Künstler mit 6,43 Euro und für KünstlerInnen mit 5,55 Euro an. Um diese Werte zu ermitteln, wurden sämtliche Einkünfte der KünstlerInnen zusammengezählt, unabhängig davon, ob diese durch künstlerische oder andere Tätigkeiten verdient wurden und die (fiktive) Annahme grundgelegt, dass sich alle KünstlerInnen fünf Wochen bezahlten Urlaub im Jahr leisten könnten. Gerade mal ein Viertel aller in Österreich künstlerisch Tätigen können von den Einkünften ihres künstlerischen Schaffens leben, die große Mehrheit ist gezwungen, das Lebensnotwendigste in kunstnahen oder kunstfernen Arbeitsverhältnissen dazuzuverdienen (und ein gutes Drittel all dieser Arbeitsverhältnisse dauern nicht länger als einen Monat).

Diese Daten sind eine wissenschaftliche Bestätigung von subjektiv längst gefühlten Eindrücken und schaffen ein Verständnis dafür, warum Künstlerinnen und Künstler oft als Musterbeispiele für neue Selbstständigkeit gelten und bisweilen als Ideale einer zunehmenden Prekarisierung dargestellt werden. Mit dem Begriff der Prekarisierung werden Produktionsweisen angesprochen, die auf kommunikative und kognitive Fähigkeiten bauen, hohe Flexibilität im Einsatz der Arbeitskräfte verlangen und damit ein permanentes und kreatives Reagieren auf Unvorhergesehenes erfordern. Von KünstlerInnen wird wie selbstverständlich vorausgesetzt, dass sie ihre gesamte Persönlichkeit, ihren Intellekt, ihr Denken, ihr Ausdrucksvermögen und ihre Affekte in den Produktionsprozess mit einbringen; gerade diese Voraussetzung qualifiziert sie als VirtuosInnen der prekarisierten sozialen Verhältnisse. Wenn es zutrifft, dass Politik durch eine Kunst der Darstellung bestimmt wird, dann ist diese Virtuosität von KünstlerInnen im Wesentlichen politisch und zwar unabhängig davon, ob politische Anliegen im jeweiligen künstlerischen Werk manifest werden oder nicht. 

Die Vortragsreihe "Berufsbild KünstlerIn" verschafft diesem Verständnis von Kulturpolitik einen öffentlich zugänglichen Raum, in dem geladene Kunst- und KulturproduzentInnen in Form von Vorträgen, Gesprächen und Diskussionen über ihre künstlerischen Arbeiten, Unternehmungen und Forschungen berichten und nicht zuletzt darüber, welche sozialen, ökonomischen und rechtlichen Begleitumstände diese Arbeit bestimmen, befördern oder erschweren. Über die jeweilige persönliche Situation der Vortragenden, die im Spannungsfeld von Urheberrechten, Kulturressorts, Förderanträgen und Kunstvermarktung gefordert sind, sich ihre Zugänge zur künstlerischen Produktion offen zu halten, wird Einblick in die Rolle von Kunst und Kultur in Gesellschaft, Wirtschaft und Staat gewährt. 

 


Archiv / Gästebuch


Jänner 2018

Do. 25.1.18, Apotheke
Precarium
Der Verein "precarium - Labor für Kunst" ist eine off-space initiative von Elisabeth Schafzahl und Philipp Wegan. In der precarium Ausstellungsreihe  “KünstlerInnen stellen Rezepte aus” nehmen Künstler und Künstlerinnen Rezeptscheine zur Hand wie ein Arzt, der eine Verordnung auf ein Rezeptformular notiert, um die Patienten damit zum Erwerb der Medizin in die Apotheke zu schicken. Wie aber sieht ein Rezeptschein aus, der von einem Künstler, einer Künstlerin ausgestellt wird? www.precarium.at

Do. 11. 1.18, depot
Kinoki. Audiovisuelle Selbstbestimmung!
Seit mehr als 25 Jahren stellt kinoki in Wien politische Dokumentarfilme zur Debatte und arbeitet mit am kritischen Verständnis der filmischen Konstruktion von Wirklichkeit. Der Bezug auf die Euphorie der historischen Anfänge, als das Kinoki-Kollektiv im Zuge der Sowjet-Revolution die Sterne mit ihren Projektoren blenden wollte, hat im Lauf der Zeit einem politischen Pragmatismus Platz gemacht, der die dokumentarische Illusion als gleichzeitige Überlistung und Verdichtung der Realität untersucht. Damit bringt kinoki ein Jahrhundert Euphorie und ein Vierteljahrhundert Pragmatismus in die Debatte ein, um erneut die Frage zu stellen: "Was tun?"
 
Dezember 2017

Do., 7.12.17 depot
Dariusz Kowalski
ist Filmemacher und kommentiert seinen jüngsten Dokumentarfilm Seeing Voices (A 2017, 93 min.) Die ProtagonistInnen in Seeing Voices sind zwar gehörlos, aber ohne Worte sind sie deshalb wahrlich nicht: Die Gebärdensprache birgt ein Paralleluniversum voller Ausdruckskraft und Magie, das den meisten Hörenden unerschlossen bleibt. Ayse, Helene und die gehörlosen Mitglieder der Familie Hager vermissen weder Musik noch das Zwitschern der Vögel, schließlich haben sie es nie gehört, sehr wohl aber vermissen sie das Recht auf ihre Muttersprache. Diesen schmalen Grat zwischen der hörenden und der gehörlosen Welt meistern sie alle auf völlig unterschiedliche Weise – aber keineswegs leise.

November 2017

Do., 16. 11.17 depot
Tina Leisch
ist Filmemacherin und kommentiert ihren jüngsten Dokumentarfilm Tanz und gib ihm! (A 2016, 83 min.) Aleks, David und Miki, die Kämpfer aus dem Jugendzentrum, sind Fans von Philipp Schranz/Österreichischer Meister in Mixed Martial Arts. Die Jungfilmemacher Lorenz und Philipp bewundern Franz-Josef Huainigg, der trotz seiner körperlichen Beeinträchtigungen Nationalratsabgeordneter ist. Fatih, der Journalist werden möchte, ist fasziniert von Franz Viehböck, der erste und bisher einzige Österreicher im All und von Max Schrems, der erfolgreich Facebook verklagt hat. Stefan, der als Sohn zweier Lesben aufgewachsen ist, führt neugierig-liebvolle Gespräche mit seinem Samenspender-Vater und Jungfußballer Daniel träumt von David Alaba, Österreichs aktuell größtem Fußballstar. Tina Leischs Film begleitet den Alltag von 15 jungen Männern aus unterschiedlichen Familien auf dem Weg zur Verwirklichung ihrer Träume. "Schweben wie ein Schmetterling und stechen wie eine Biene", sagte Muhammad Ali. Aleks übersetzt das ins Wienerische: "Tanz und gib ihm!". Muhammad Ali hätte das bestimmt gefallen.

Juni 2017

Do. 22.06.17
Ehemaliges Elektropathologisches Museum Sandleiten, 1160 Wien Gomperzgasse 1–3
Renée Gadsden
Renée Gadsden grew up in New York City, studied art and art history at Brown University, University of Vienna and University of Applied Arts Vienna. She now lives, works and performs in Vienna being a lecturer at the Vienna Poetry Academy and a founding member of the Akademie für Sprachkunst at the University of Applied Arts.


Do., 08.06.17 (depot)
Robert Foltin
Anarchie ist machbar, Herr Nachbar! Dreißig Jahre nach dem Ende des real existierenden Sozialismus, mitten in der kapitalistischen Krise wirken die Ideen der anarchistischen Herrschaftslosigkeit und Selbstorganisation taufrisch. Aber gibt es ein richtiges Leben im Falschen? Robert Foltin ist Philosoph und Autor zahlreicher Untersuchungen zu sozialen Bewegungen.
robertfoltin.net

Mai 2017

Do., 04.05.17 (depot)
Lisbeth Kovacic
unternimmt in ihren Arbeiten subtile Erkundungen in den Grenzgebieten zwischen Fakten, Emotionen und Migrationsbewegungen. Neben einigen preisgekrönten Videos stellt die Künstlerin und Aktivistin ihr aktuelles Projekt vor, einen Langfilm über den heißen Sommer 2015 in Nickelsdorf. www.lisbeth.klingt.org

April 2017

Do. 20.4.17 (depot)
Oliver Ressler
ist bildender Künstler und Filmemacher. Er realisiert themenspezifische Ausstellungsprojekte, Arbeiten im öffentlichen Raum und Videoinstallationen über Themen wie Ökonomie, Demokratie, Klimaveränderung, Formen des sozialen Widerstands und soziale Alternativen. Oliver Ressler stellt hier zum ersten Mal in Wien die gesamte Trilogie OCCUPY, RESIST, PRODUCE von 2014–15 vor. www.ressler.at

Do. 6.4.17 (KVH)
Viktoria Tremmel
hat bei Bruno Gironcoli an der Akademie der Bildenden Künste Bildhauerei studiert und Fine Arts an der Goldsmith University in London. Ihre Arbeiten wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet und sind in internationalen Ausstellungen zu sehen. Viktoria Tremmel wird von der Galerie Z vertreten. www.viktoriatremmel.com

März 2017

Do., 23.03.17 (KVH)
Osama Zatar
kommt aus Ramallah, Palästina und studierte Bildende Kunst bei Heimo Zobernig an der Akademie der Bildenden Künste in Wien. Zatar entfaltet sich in so unterschiedlichen Medien wie Malerei, Installation, und Schauspiel. Sein bevorzugtes Ausdrucksmittel jedoch sind Skulpturen.

Fr. 17.3.17 (depot)
Martin Reinhart
ist Filmemacher, Filmwissenschafter und Erfinder. Er studierte an der Universität für Angewandte Kunst, war Kurator für Fotografie und Film im Technischen Museum in Wien und leitete den Aufbau der  Photo-Auktionen von WestLicht. Schauplatz für Photographie. Martin Reinhart stellt seine aktuelle Forschungen zur Geschichte des Tonfilms mit zahlreichen Filmausschnitten vor.
In Kooperation mit depot und kinoki, www.kinoki.at

Feber 2017


Do., 23.02.17 (KVH)
Matthias Mollner
ist freischaffender Künstler, der in den Bereichen Installation, Video, Fotografie und Performance tätig ist. Zahlreiche seiner Arbeiten verstehen sich auch als Interventionen im öffentlichen Raum, die zumeist die andauernd intensive physische Präsenz des Künstlers in seinem Werk thematisieren.

Jänner 2017

Do., 26.01.17 (KVH)
Michaela Putz
ist Künstlerin und studiert derzeit Art & Science an der Universität für Angewandte Kunst bei Virgil Widrich. Davor absolvierte sie ein Studium der Kommunikationswissenschaften und Politikwissen­schaften, und lernte Druckgraphik in der Graphik Werkstatt Neunteufel Kreilinger und an der Wiener Kunstschule. www.michaelaputz.com

Do., 12.01.17, (depot)
Vera Kumer
ist Diplomingenieurin und Lehrbeauftragte an der TU Wien. Kumer untersucht unter dem Titel "Making the Invisible Visible" die Frage nach Visualisierungsstrategien von Kontrolle.